Dauer: 6-8h (19km) | Beste Zeit: März – Oktober |  Anstrengende, lange Paddeltour | An- / Abreise: Auto |

Die Tour auf der Schnellen Havel von Liebenwalde nach Friedrichsthal im Norden Berlins ist eine der schönsten Packrafttouren, die wir bisher gefahren sind. Bis auf die letzten 5km haben wir keinen einzigen Menschen getroffen oder gesehen. Das Wasser ist sehr sauber und man fährt über weite Strecken durch einen Schilf-Canyon. Für Berliner mit etwas Durchhaltevermögen, ist diese Tour ein Muss. Unser Oberpaddler Norman ist immer noch ganz angetan:

Idealer Einstieg bei Liebenwalde

Geplant als Tagespaddeltour sind wir mit 2 PKW (ja Schande über uns…) angereist und stellen Fahrzeug Nr. 1 an der Ausstiegstelle in Friedrichsthal an der Brücke (Dameswalder Weg / Kreuzallee) über die Schnelle Havel ab. Bevor Fahrzeug Nr. 2 mit uns Richtung Liebenwalde losfährt, erkunden wir eine gute Ausstiegstelle. Diese ist direkt neben der Brücke gegeben. Gute 12 km Luftlinie ergeben dann doch 25 km Fahrt zum Einstieg. Genau wissen wir nicht wo wir einsteigen werden. Mit Karte und etwas Glück finden wir einen leeren Parkplatz  mit super Einstiegstelle unter einer Brücke der Bundestraße. Sogar ein Rastplatz steht zur Verfügung. Ihr findet den Parkplatz auf der B167 (Neuholländer Allee / Hamburger Chaussee) außerhalb von Liebenwalde. Der Platz unter der Brücke ist ausreichend zum Aufbau von schätzungsweise 4…5 Packrafts.

Wer nicht ganz so weit fahren will, kann etwas später einstiegen, an dem Wehr, dass wir umtragen haben https://www.google.com/maps/place/Liebenwalde/@52.8417597,13.3495211,460m/data=!3m1!1e3!4m5!3m4!1s0x47a9a71e67c4d537:0x42120465b637450!8m2!3d52.8711065!4d13.3966522).

Schnelle Havel?

Schon am Einstiegsplatz bekommen wir einen ersten Eindruck von der Fließgeschwindigkeit der Schnellen Havel. Die Namensgeber können getrost als Scherzkekse in die Geschichte eingehen. Ich bin ja schon langsam aber die Schnelle Havel spielt in einer anderen Liga. Bei der Tour geht es definitiv nicht um Geschwindigkeit sondern um ein sehr intensives und wunderschönes Naturerlebnis. Und dass meistens weit ab von der Zivilisation. Herrlich.

Die Wasserflora ist unfassbar abwechslungsreich und das klare Wasser gibt jederzeit den Blick auf die Unterwasserwelt frei. Wer mal 50 Shades of Green live erleben will, ist hier genau richtig. Meine Lieblingspflanze der Tour ist hellgrün… also hellgrünhellgrün, hellgrüner geht es quasi nicht. Toll.

Der toll mäandrierende Fluss ist eine absolute Attraktion. Wir fahren teilweise nur 20..30 m hintereinander und können uns weder sehen noch hören. Das Schilf rauscht und die vielen Kurven verstecken den Vorder- bzw. Hintermann komplett. In den Biegungen sind immer wieder freie, sandige Stellen zu sehen. Hier tummeln sich Fische. Die Pegelstände zwischen 50 und 250 cm laden das ein oder andere Mal gerade hier zum Baden ein. Wir entscheiden uns auf Grund der Länge der Tour aber dagegen.

Schwan-Begegnungen

Die ersten 2 Drittel geht es viel durch Felder und Wiesen. Bäume sind eher selten zu sehen. Schilf und Gräser aber auch bunte Blumen sind treue Begleiter am Ufer dieses Abschnittes. Wir wundern uns, dass kaum Vögel zu sehen oder zu hören sind. Allerdings wartet mit einer Schwanenfamilie bereits eine gefiederte Herausforderung auf uns. Die Jungen können noch nicht fliegen und so versucht die Familie ihr Heil in der schwimmenden Flucht vor den Gummiboliden. Das Elternpaar versucht immer wieder die flauschigen Jungschwäne vor uns zu verstecken, scheitert aber an der Enge des Flusses. Das Schauspiel findet sein Ende an einem Wehr, an dem wir zum Umtragen aussteigen müssen. Zum Glück ist hier genug Platz um einander auszuweichen. Mit einem Schwan, welcher seine Jungen beschützt, wollen wir uns in keinem Fall anlegen.

Baumakrobatik

Bis hier haben wir übrigens schon einige Brücken unterfahren und sind über kleine Wehre geholpert. Limbo und Spaß würzen das Befahren der Gemüsesuppe ausreichend. Schön, dass es an diesem nicht befahrbaren Wehr mal rausgeht. Die Wiesen sind saftig und der wolkige Himmel ist toll. Außerdem will das Gesäß auch mal entlastet werden. Nach 100 m Umtragen (übrigens klasse präparierte Ausstiegstelle) geht es weiter. Eine quer in der Havel liegende Buche versperrt bald das weiterkommen. Abenteuer pur. Was tun? Über den Stamm steigen wir aus, ziehen unsere Boote auf die Koppel und steigen kurz hinter dem umgestürzten Riesen über den Stromzaun zur provisorischen Einstiegstelle. Tolle Inszenierung der Tour, ein Sahnehäubchen quasi.

Vom offenen Gelände in den Urwald

Immer Bäume sind hier am Ufer zu finden. Und die nächste Schwanenfamilie wartet schon auf uns. 5 Kurze sind mit dabei. Da das Schilf hier kürzer ist und der Fluss ziemlich schmal dahinschlängelt, können sie sich nicht verstecken. Wir haben den gebührlichen Respekt und steigen auf einer Weide in Malz aus. Wir umlaufen die Familie und steigen ein paar 100 m hinter ihnen wieder ein. Diese sind mittlerweile komplett entspannt und fressen die allgegenwärtige Entengrütze.

Hinter Malz ändert sich die Landschaft nachhaltig. Es wird waldiger. Wir tauchen durch Schwarzerlen und Trauerweiden hindurch. Die Bebauung am Ufer nimmt teilweise zu. Mittlerweile schmerzen Hände, Arme, Rücken und der Rest. Der Genuss des letzten Abschnitts bleibt trotzdem ungetrübt. Der Abenteuerfaktor steigt weiter. Die im Wasser liegenden Bäume zwingen uns kreuz und quer zu fahren, über Bäume zu rutschen und unter Bäumen hindurch zu tauchen. Klasse, die angestrengten Gliedmaßen sind schnell vergessen. Hier sind auch ab und an Stellen ohne straken Bewuchs zu finden. Ab und an… wir freuen uns über jede Einzelne.

Ein  bequemer Ausstieg in Friedrichsthal

Nach 19 km steigen wir an der Brücke in Friedrichsthal aus. Boote grob säubern und wieder 25 min Fahrt zum Startpunkt. Danach geht’s nach Hause. Start 07:45 Uhr, wieder daheim 19:45 Uhr. Ein ganzer Tag Natur und Abenteuer pur liegen hinter uns. Großartig. Und die Oberarm-Muckis freuen sich auch.

Abschließende Hinweise: Die Schnelle Havel darf nicht überall und auch nicht ganzjährig befahren werden. Erkundigt euch über die freigegebene Abschnitte und Zeiten. Die Tour ist wirklich anstrengend, unterschätzt den Einfluss der Unterwasserpflanzen nicht. Denkt an ausreichend Verpflegung und Trinken, unterwegs ist nichts.

Die Befahrung gerade des letzten Drittels mit einem Festrumpfboot wird wahrscheinlich nicht klappen. Es liegen zu vielen Bäume dicht unter der Wasseroberfläche quer. Der Tiefgang der Boote wird ein Weiterkommen wahrscheinlich verhindern. Hier können Packrafts mit ihrem flachen Boden eine ihrer Stärken ausspielen. Auch Finnen sind hier kontraproduktiv.

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